PROJEKTARCHITEKTIN GESUCHT - 80 BIS 100%

Gaswerkareal, Bern

  • Offener einstufiger Wettbewerb, 2021

Bis in das Jahr 2030 entstehen im Stadtgebiet Bern 8‘500 neue Wohnungen, ein Grossteil durch die Stadt selbst entwickelt. Das Bestreben der konsequenten Verdichtung nach Innen rückt die städtischen Flächenreserven in den Fokus der Entwicklungsstrategie. Die Aktivierung des Gaswerkareals am Ufer der Aare bietet die Chance, innovative Potentiale der Transformation industrieller Brachen hin zu einer zukunftsweisenden Balance zwischen städtischem Leben und Naturraum zu untersuchen – und daraus synergetische Lösungen für ein zukunftsfähiges Zusammenleben aufzuzeigen. Die Vision für das Gaswerkareal soll dabei aus den spezifischen Eigenschaften des Ortes heraus entwickelt, und so eine unverwechselbare Identität dieses neuen Stadtteils generiert werden.

Integraler Naturraum

Als Schwemmebene der Aare weist das Gaswerkareal eine Biodiversität auf, welche jene der monokulturellen Agrarflächen ausserhalb des Stadtgebietes übersteigt. In der Abfolge von Naturreservaten entlang des Flusslaufes stellt der Projektperimeter – zwischen Sportanlage Schönau und Badi Marzili – einen wertvollen Natur- und einen ebenso attraktiven Erholungsraum in unmittelbarer Stadtnähe dar.

Der Absicht, diese Qualitäten zu erhalten, das Potential des Naturraumes für das Stadtklima zu nutzen und gleichwohl für das verdichtete städtische Leben zu aktivieren stellt sich die Vision der Biotopolis. Deren Konzeption löst den Gegensatz zwischen Stadt und Natur auf und verbindet beide in einer gleichwertigen Kohabitation. Die Bewahrung der Schwemmebene schafft dabei einen integrale Naturraum, in welchem es am Menschen ist, sich rücksichtsvoll ein- und anzupassen – ohne auf die notwendige Verdichtung und das städtische Leben zu verzichten.

Urbane Plateaus

Auf den Plateaus entstehen Punktbauten, welche in die Höhe wachsen, statt den belassenen Naturraum zu besetzen. Mit 30 Meter Höhe gewährleisten diese Baukörper die notwendige Verdichtung und erreichen die anvisierte Geschossfläche der Stadtentwicklung. Mehr noch: Da die gesamte Schwemmebene als erlebbarer Naturraum erhalten bleibt, erscheint eine Setzung in den nordöstlichen und südöstlichen Rändern des Areals vertretbar, ohne die Qualität des ökologischen Raums zu gefährden. Mit dieser Option erreicht die Ausnutzung gar 98‘200m2. Ohne diese Bauten sind es 82‘000m2. Dabei beginnen die Wohnnutzungen erst in den Obergeschossen. Ausreichend Stauraum in den Wohnungen selbst erlauben es, auf eine Unterkellerung in die Schwemmebene gänzlich zu verzichten. Um die Nutzbarkeit der Plateaus als städtischen Raum zu stärken, stossen die Punktbauten nur mit wenigen Volumen auf diese Fläche.

Neben Zugängen zu den Häusern, bieten diese Räume städtische Funktionen wie Restaurants, Kindergärten oder Apotheken an. Die hochwassersicheren Plateaus bilden den städtischen Raum des Areals, sie sind über das Oval jederzeit untereinander verbunden und bieten den direkten Übergang zu den naturbelassenen Flächen der Schwemmebene. Für eine Dualität zwischen Stadt und Natur – für die Stadt als Natur – bietet Biotopolis das Rahmenwerk eines Prozessdesigns. In seiner Entstehung und Gestaltung frei, gewährleistet es eine zukunftsweisende, robuste, und naturnahe Entwicklung der Stadt zu einem Lebensraum, in dem sich Mensch und Natur respektvoll ergänzen. Eine Entwicklung, von welcher der Mensch schlussendlich am meisten profitieren wird.

Diversität wahren und Stadt integrieren

Für die symbiotische Einbettung dieser Bauten in den Naturraum dient ein überschaubares Regelwerk. Präzise werden einzelne Bereiche ermittelt, in welchen sich das städtische Leben in dieses System einpassen kann. Statt eines Nebeneinanders von Stadt und Natur entsteht ein Miteinander, aus welchem die neue Stadt als Teil der Natur erwächst. In den Bereichen zwischen Wald- und Gewässerabstand verbleiben Flächen, in denen Baukörper platziert werden können. Von schützenswerten Bäumen, die sämtlich erhalten bleiben, wird mindestens 10 Meter im Radius abgerückt. Zusätzlich zu den existierenden Abstandsregeln dürfen die entstehenden Bauten eine Länge von 60 Meter nicht überschreiten und wahren einen Mindestabstand von 30 Metern untereinander. So entstehen bebaubare Bereiche, welche für die sukzessive Entwicklung des Areals als Potentialräume gelten.

Diese können mit dem Wachstum von Biotopolis frei und offen gestaltet werden. Nur wenige Parameter sind für die Bebauung dieser Felder bindend: Die zu entwickelnden Baufelder werden als Plateaus über die Hochwasserkote von 404.5 bzw. 404 Meter ü. M. angehoben. Mittels eines ovalen Rings auf derselben Kote werden die Plateaus hochwassersicher erschlossen. Dieser Steg schwebt über dem belassenem Naturraum, bindet die Bauten an die Sandrainstrasse und den Platz unter der Monbijoubrücke und verbindet sich mit den bestehenden Wegen entlang des Aareufers. Zwei weitere Stege erschliessen den Kulturkrater im Zentrum von Biotopolis und binden das Quartier Kirchenfeld auf der gegenüberliegenden Flussseite an das neue entstehenden Stadtquartier an.

Im Schutz der Mole

Im Schutz der Mole

Die ein Meter hohe Mole ist ein fundamentales Element des neuen Areals. In ihrem Kern beinhaltet sie Werkleitungen, ermöglicht den Hochwasserschutz gegen Aussen und kann Habitat für die heimische Fauna und Flora bieten. Sie ist die Erschliessungsachse für das Areal und fasst den Innenbereich, den natürlichen Kern. Dieser geschützte Kern ist ganz der Natur gewidmet. Hier finden die Naturwerte flächig und als Einzelelement Platz, in Ruhe ihre Ökosystemdienstleistung zu entfalten. Ressourcenschonend und achtsam wird mit dem Bestand umgegangen.

Der Erhalt der Naturwerte sowie die Förderung der Biodiversität hat eine grosse Gewichtung und wird durch den neu angelegten See und seine Ufer erweitert. Eine heimische und standortgerechte Gehölz, Strauch- und Krautschicht ist unabdingbar, sowie eine differenzierte Pflege des gesamten Areals. Der Dynamik sind keine Grenzen gesetzt. In Biotopolis ist Stadt Natur und Natur Stadt.

AuftraggeberIn

Stadt Bern

 

Auftragsart

offener Wettbewerb, Entwicklung Gaswerkareal und Brückenkopf West

 

Landschaftsarchitektur

Planikum GmbH